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Ursprünglich eine aus bestimmten Rücksichten nicht veröffentlichte Geschichte; heute
eine kurze Erzählung, die eine historische Persönlichkeit, einen Charaktertyp, eine
Gesellschaftsschicht oder eine merkwürdige Begebenheit schlaglichtartig beleuchtet.
Prägnanz und Objektivität der Darstellung sowie eine Pointe sind ihre wesentlichen
Merkmale.
Kurze, treffend formulierte, oft antithetische Aussage in Prosa. Die Aussage bleibt offen
und regt zum Weiterdenken an. Lebensweisheit und Welterfahrung sind die
bevorzugten Themen der Aphoristik. In Deutschland sind Lichtenbergs Aphorismen
Höhepunkte dieser Gattung.
Bezeichnung für Unterhaltungsliteratur im Gegensatz zur Fachliteratur oder
wissenschaftlichen Literatur.
Als selbständige literarische Gattung wird von Platon der philosophische Dialog
entwickelt, in dem ein Problem von verschiedenen Seiten beleuchtet wird. Im
Mittelalter dient der Dialog der Erörterung religiöser und philosophischer Fragen. Der
bedeutendste Dialog dieser Zeit ist ›Der Ackermann aus Böhmen‹ des Johannes von
Tepl.
Abgeschlossene, vergangene Begebenheiten werden vom Standpunkt eines Erzählers
aus wiedergegeben. Erzählende Dichtung im weitesten Sinn. Neben Dramatik und
Lyrik die dritte grosse Gattung der Dichtung. Wir unterscheiden Kurzepik und Grossepik;
zur ersteren rechnen wir Sage, Legende, Märchen, Anekdote, Erzählung, Fabel,
Parabel, Glosse und Kurzgeschichte, zur letzteren Roman, Volksbuch und Saga. Die
Novelle nimmt eine Zwischenstellung ein.
Erzählt in feierlicher, metrisch gebundener Form von mythischen oder geschichtlichen
Vorgängen. Der Held ist meist Leitbild der Gesellschaft, die in ihren sozialen, ethischen
und religiösen Bezügen dargestellt wird. Vorgetragen von einem Rhapsoden (Erzähler).
Beginn und Höhepunkt: Homers Ilias und Odyssee. Im Mittelalter Heldenlieder
(Spielmannsdichtung).
Vermittler des epischen Geschehens an den Leser aus einer bestimmten Perspektive
und Erzählhaltung:
auktoriale Erzählhaltung: Allwissender Erzähler, der einen souveränen Überblick
über Schicksal und Handlungsablauf hat, vorausdeutet, kommentiert, innere
Gesetzmässigkeiten aufdeckt, den Sinn des Geschehens nennt - Kennzeichen des
seit Ende des 18. Jhs. weit verbreiteten Romans.
personale Darstellung: aus dem Blickwinkel einer Romanfigur, scheinbar sich selbst
erzählender Text, ohne Eingreifen eines Erzählers, ohne Kommentar.
Ich-Erzähler: Sehr häufig in der Gegenwartsliteratur: Ein Ich erzählt selbst, gibt
Ereignisse als vermeintlich selbsterzählt wieder. Subjektive Perspektive als
Abgrenzung zur epischen Allwissenheit.
Zeitraum, über den sich die erzählte Handlung erstreckt.
Epische Gattungsform in Prosa, seltener auch in Versen, die weder Umfang und Breite
des Romans noch den straffen Aufbau der Novelle hat und deren Handlung nicht
märchen- oder sagenhaft ist.
Zeitspanne, die Wiedergabe oder Lesen eines epischen Textes ausmacht.
Kürzere, subjektive, oft künstlerisch gestaltete Abhandlung, häufig über ein
weltanschauliches, philosophisches oder ästhetisches Problem.
Auf Spannung und Sensation ausgerichteter und für anspruchslose Leser berechneter
Roman ohne literarischen Wert. Die an Zeitungskiosken feilgebotene Trivialliteratur
gehört zum grossen Teil zu dieser Gattung.
Die Bezeichnung ist eine Lehnübersetzung des in der englischsprachigen Literatur
gebräuchlichen Begriffes ›short story‹. Die Kurzgeschichte steht ihrer Form nach
zwischen Novelle und Anekdote. Ausschnitthafte, ein Geschehen schlaglichtartig
darstellende Erzählweise mit offenem Anfang und häufig offenem Schluss, der als
unerwartetes, ja oft erschütterndes Ereignis offen bleibt und den Leser zum
Weiterdenken sowie zu eigener Stellungnahme anregt. ›Anonyme‹, nicht individuell
charakterisierte Personen. Seit 1945 in Deutschland eingebürgert.
Ursprünglich Lesung im Gottesdienst oder bei der Klostermahlzeit, die aus dem Leben
eines Heiligen berichtet; dann sagenhaft ausgestaltete Erzählung von Heiligen oder
Märtyrern.
Erzählt wundersame Begebenheiten; die Handlung ist nicht an Ort und Zeit gebunden.
Die Naturgesetze sind aufgehoben Es gibt sprechende Tiere, verwunschene
Prinzessinnen, Zauberer, Feen, Hexen, Kobolde, Geister und Drachen. Die
bedeutendste Sammlung deutscher Volksmärchen stammt von den Brüdern Grimm. Im
Gegensatz zum anonymen Volksmärchen ist das Kunstmärchen bewusste Schöpfung
eines Dichters. Besonders die Romantiker sind Verfasser von Märchen.
Dramatische Erzählung um eine »unerhörte Begebenheit« (Goethe). Strenge,
geschlossene Form, konzentriert auf ein Dingsymbol (ein immer wieder auftauchender
Gegenstand, z.B. der Falke in Boccaccios ›Decamerone‹, oder eine entsprechende
Situation). Sie vermittelt im Gegensatz zu vielen Romanen weder ein umfassendes Bild
einer Epoche, noch schildert sie ganze Lebensläufe. Sie greift Einzelsituationen aus dem
Leben heraus, die für die Betroffenen eine Schicksalswende bedeuten. Nicht die
Personen, sondern das, was ihnen widerfährt, ist wichtig. Die Novelle verzichtet auf
längere Exposition, Beschreibung und Reflexion; sie ist - ähnlich dem Drama - straff
und zielstrebig komponiert. Diese Kennzeichen unterscheiden die Novelle vom
Roman.
Flugschrift, meist als politische oder persönliche Schmähschrift, die die öffentliche
Verunglimpfung des Angegriffenen beabsichtigt.
Lehrhafte Erzählung, die eine allgemeine Erkenntnis oder Lehre durch ein Beispiel aus
einem anderen Lebensbereich deutlich werden lässt, z.B. die Parabel vom Verlorenen
Sohn. Auch Kafkas Erzählungen sind zum Teil Parabeln.
Nicht durch Takt, Reim oder Strophe gebundene Sprache. Trotzdem bestehen
Bindungen, z.B. Aufbau und Spannungsgefüge des Satzes, Verbindung der Sätze zur
Erzählkette, Steigerung der Handlung, Höhepunkt, Wendepunkt, Lösung.
Die Rahmenerzählung besteht aus Binnenerzählung und umschliessendem Rahmen.
Der Rahmen kann aus Einführung und Abschluss oder einer Handlung
(Rahmenhandlung) bestehen.
Epische Grossform in Prosa. Meist umfassend angelegte Darstellung der Entwicklung
einer Einzelpersönlichkeit, ihres Charakters, ihres individuellen Schicksals oder des
Verhaltens einer Gruppe von Menschen. Der Roman ist eine sehr freie Form der
Dichtung. Wichtigste epische Grossform in der Neuzeit.
Die Einteilung des Romans kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen:
1) Nach Stoff oder geistigem Gehalt: Entwicklungs- oder Bildungsroman, Schelmenroman,
Reise- oder Abenteuerroman, Gesellschaftsroman, Staatsroman, historischer Roman,
Zeitroman, Künstlerroman, Liebesroman, psychologischer Roman usw.
2) Nach der
Form: Ich-Roman, Briefroman usw.
3) Nach der Erzählhaltung oder Aussageweise: Empfindsamer, humoristischer, realistischer, idealistischer, didaktischer Roman usw.
Altnordische Prosaerzählung, meist im 12. bis 14. Jh. aufgeschrieben. Sie spiegelt das
Leben von Bauern, Seefahrern, Helden und Königen in Nordeuropa, besonders in
Island.
Ursprünglich mündlich überlieferte Erzählung mit geschichtlichem Hintergrund. Im
Gegensatz zum Märchen ist sie an einen bestimmten Ort, eine bestimmte Zeit oder
eine bestimmte Persönlichkeit gebunden. Heldensagen oder historische Sagen ranken
sich häufig um bedeutende geschichtliche Persönlichkeiten Volks- oder Lokalsagen
berichten häufig von Begegnungen mit übernatürlichen Wesen (z.B. Rübezahl). Das
christliche Gegenstück zur Sage ist die Legende.
Ursprünglich Sammelname für verschiedene Arten von Kurzepik (z. B. Novelle,
Erzählung, Anekdote) der englischsprachigen Literatur. Die Short Story entsteht mit dem
aufblühenden Zeitungswesen in der ersten Hälfte des 19. Jhs. in den USA. In den
zwanziger Jahren führt die Übersetzung ihrer Werke zur Entstehung der Gattung der
Kurzgeschichte in Deutschland.
Frühneuhochdeutsche Prosafassung von mittelalterlichen Epen, Sagen, Legenden und
Schwänken in Buchform.